Knorpelschäden entstehen oft durch eine einmalige Verletzung (z.B. bei einem Verdrehmechanismus mit Abscherung) oder als Folge wiederholter hoher Krafteinwirkungen sowie infolge von Verschleiß. Der Knorpel wird bei einer Kniegelenkinstabilität, z.B. nach einem Kreuzbandriss oder nach einem Meniskusschaden, vermehrt belastet und somit schneller geschädigt.
Eine Heilung findet im Knorpelgewebe des Erwachsenen kaum statt, so dass hier Knorpelschäden dauerhaft bleiben oder sogar weiter fortschreiten. In der Folge kommt es zu belastungsabhängigen Gelenkschmerzen mit Gelenkschwellung. Knorpelschäden können mittels Magnetresonanztomographie (MRT) gut erkannt werden, wobei die exakte Beurteilung erst in der Kniegelenkspiegelung erfolgt. Des Weiteren lassen sich hochgradige Knorpelschäden und die Arthrose des Kniegelenks über indirekte Zeichen auch im Röntgenbild erkennen.
Der Gelenkknorpel bedeckt die Oberflächen der Gelenke. Funktion des Knorpelgewebes ist die Stoßdämpfung während der Belastung und ein reibungsarmes Gleiten der Gelenkpartner bei der Gelenkbewegung. Der Knorpel wird mit zunehmendem Alter rauer und nutzt sich ab. Das Ausmaß des Schadens und die Schnelligkeit der Abnutzung bestimmt die Beschwerden, die der einzelne im jeweiligen Gelenk verspürt. Risikofaktoren für eine vorzeitige Abnutzung sind:
Im Erwachsenenalter wächst kein Knorpel mehr nach, so dass die Schäden meist irreversibel sind. Mittlerweile gibt es jedoch erste experimentelle Ansätze, neuen Knorpel in- oder außerhalb des Gelenkes zu erzeugen.
Die unterschiedliche Ausprägung des Knorpelschadens zeigt sich speziell anhand der Magnetresonanztomographie (MRT) und als Operationsbefund. Im klinischen Alltag ist die Outerbridge-Klassifikation gebräuchlich. Sie orientiert sich am arthroskopischen Befund des Knorpelschadens.
Ein erweichter Knorpel (Grad I nach Outerbridge) kann als Folge einer Überlastung entstehen, Hier besteht keine spezifische Behandlungsmöglichkeit. In der Regel verursachen Knorpeldefekte, die in den oberflächlichen Schichten liegen (Grad II nach Outerbridge), kaum Beschwerden und werden dementsprechend belassen. Finden sich jedoch bei der Arthroskopie lose Knorpelanteile, welche in das Gelenk hinein ragen, so werden diese mit einer speziellen Fräse geglättet (Knorpelglättung/Chondroplastik), um ein Fortschreiten oder eine Gelenkreizung zu verhindern.
Hierbei handelt es sich um tiefe Knorpeldefekte, die am Grund noch eine knorpelige Schicht aufweisen (Grad III nach Outerbridge). Diese Defekte werden in der Regel im Rahmen eines arthroskopischen Eingriffes geglättet und insbesondere der Randwall hierbei stabilisiert (Knorpelglättung/ Chondroplastik). Unter Umständen kann jedoch auch eine Knorpelersatztherapie durchgeführt werden.
Knorpelschäden mit freiliegendem Knochen am Grund (Grad IV nach Outerbridge) werden in der Regel durch Knorpelersatz therapiert. Bei kleineren Defekten wird das Verfahren der so genannten Mikrofrakturierung durchgeführt. Hierbei wird im Rahmen der Arthroskopie der Knochen am Boden des Knorpeldefektes punktförmig eröffnet. Aus den Knochenöffnungen kommt es zu einer Einblutung in den Knorpeldefekt, bis der Defekt von einem Blutpfropf ausgefüllt ist. Mit dem Blut gelangen so genannte Stammzellen in den Defekt und sind in der Lage, eine Heilung des Gewebes unter Bildung einer Knorpelnarbe anzuregen. Mit diesem Verfahren werden die körpereigenen Reparaturmechanismen angeregt. Jedoch unterscheidet sich dieser Ersatzknorpel (so genannter Faserknorpel) hinsichtlich seiner mechanischen Eigenschaften als auch seiner Struktur von dem ursprünglichen (hyalinen) Gelenkknorpel. Dieses Ersatzgewebe reicht jedoch bei kleinen Knorpeldefekten aus, um die Beschwerden zu verringern.
Ein alternatives Verfahren ist die Knochenfräsung (Abrasionsarthroplastik). Hier wird der frei liegende Knochen angefräst, um die oben genannten Reparaturmechanismen zu aktivieren. Sie wird eher bei großflächigen Knorpeldefekten, z.B. im Rahmen einer Kniegelenksarthrose, durchgeführt.
Belastbarkeit und Funktion eines Gelenkes hängen maßgeblich von der Beschaffenheit des Knorpels ab. Man unterscheidet folgende Knorpelschäden:
Traumatische Veränderungen des Knorpels können zu einer Funktionseinschränkung des Gelenkes und erheblichen Beschwerden führen.
Die Beschaffenheit des Knorpels verändert sich mit zunehmendem Alter. Mit der Zeit wird die Oberfläche rauer und das Gelenk gleitet nicht mehr reibungslos. In der Folge kommt es zu Schmerzen beim Bewegen des Gelenkes. Besonders morgens und nach längerem Sitzen kommt es zum Anlaufschmerz. Die Gelenke brauchen eine Weile, um in die „Gänge zu kommen".
Arthrotische Veränderungen betreffen vor allem die Hüft- und Kniegelenke. Schon kleinste Achsabweichungen können die Belastungsverhältnisse im Kniegelenk verändern und zur vorzeitigen Abnutzung führen. In der Regel kommt es zu folgenden Beschwerden bei Knorpelschaden und Arthrose:
Als Standardverfahren werden Röntgenaufnahmen des betroffenen Gelenkes in zwei Ebenen durchgeführt. In diesen Standardaufnahmen können die Leitzeichen einer degenerativen Gelenkerkrankung bereits erkannt werden. Als Ausdruck der Höhenminderung des Gelenkknorpels kommt es zu einer Verschmälerung des Gelenkspaltes. Dagegen zeigen sich reparative Vorgänge in Form von Randzacken, den Osteophyten, und als subchondrale Sklerose, der Verfestigung des Knochens unter der Gelenkknorpel-Schicht
Mithilfe von Achsaufnahmen können Abweichungen der Beinachse ausgemessen und die mechanische Überlastung bestimmt werden.
Vor einem operativen Eingriff wird in der Regel eine Magnetresonanztomographie des betroffenen Gelenkes durchgeführt. Sie dient der Beurteilung des Knorpelschadens und zur individuellen Planung der weiteren Vorgehensweise. Zudem sind MRT-Bilder besonders zur Beurteilung des subchondralen Knochens unter der Gelenkknorpelschicht geeignet. Diese Schädigung lässt sich nämlich bei der Arthroskopie nicht bestimmen. Vor allem fettsuprimierte Aufnahmen der MRT-Sequenzen sind zur Darstellung und Abstufung des Knorpelschadens geeignet.
Knorpelschäden können Hinweis auf folgende Erkrankungen sein:
Die konservative Behandlung hat sich in den letzten Jahren stark erweitert. Neben medikamentösen Therapieformen- angefangen von der oralen Schmerztherapie bis zur Gelenkinjektion, spielen auch die physiotherapeutische Behandlung, Einlagen, entlastende Orthesen u.a. eine große Rolle. Ziel der konservativen Therapie ist vor allem die Funktionsverbesserung des Gelenkes und ein „Abbremsen" des Fortschreitens des Knorpelschadens. Des Weiteren soll eine Schmerzlinderung erreicht werden. Insgesamt soll die Gehstrecke und Beweglichkeit gesteigert und somit eine Verbesserung der Lebensqualität erzielt werden.
Bei der medikamentösen Behandlung kommen vor allem NSAR (nicht steroidale Antirheumatika) und Corticoide eingesetzt. NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac und Cox-2-Hemmer hemmen die Entzündung im Gelenk und mindern somit das Risiko einer entzündungsbedingten Schädigung des Gelenkknorpels. Neben diesen rein symptomatisch wirkenden Medikamenten gibt es auch Medikamente, die über die Einnahmezeit hinaus eine günstige Wirkung auf das Gelenk zu entfalten. Hierzu gehören die Hyaluronsäure und Glukosamin/Chondroitin.
Auch physiotherapeutische und physikalische Therapiemaßnahmen spielen eine wichtige Rolle bei der konservativen Behandlung.
Die Behandlung von Gelenkknorpeldefekten mittels Knorpelglättung und Gelenkspülung wird in der Medizin als Lavage und Débridement bezeichnet. Hierbei werden abgelöste Knorpelfasern ausgewaschen und oberflächliche strukturveränderte Knorpelanteile abgetragen. Bei der so genannten „Gelenktoilette" werden Abriebpartikel und freie Gelenkkörper mechanisch herausgespült. Dieses Verfahren wirkt sich günstig auf den Entzündungsprozess im Gelenk aus. Des Weiteren wird eine begleitende Synovialitis (Reizung der Gelenkinnenhaut) reduziert und die Beweglichkeit des Gelenkes verbessert.
Weitere Verfahren zur Anregung der Regeneration des Knorpelgewebes:
Die Abrasion kommt bei kleinen Knorpeldefekten (<1 cm) zum Einsatz. Hier wird der defekte Knorpel bis auf die subchondrale Knochenschicht (die direkt unter dem Gelenkknorpel liegende Schicht) abgetragen. Es kommt zu einer Regeneration durch körpereigenen Ersatzknorpel.
Die Mikrofrakturierung kommt bei großen Defekten > 1 cm zum Einsatz. Im Rahmen der Arthroskopie wird eine Eröffnung der Blutgefäße in der Knochenschicht unter dem Gelenkknorpel vorgenommen. Durch die Eröffnung der Blutgefäße werden Stammzellen in die Defektzone eingeschwemmt. Diese wandeln sich in ein Regenerat aus Faserknorpel um. Der Ersatzknorpel führt zu einer verbesserten Bewegungs- und Belastungsfähigkeit des Gelenkes. Postoperativ erfolgt eine Entlastung für vier Wochen an Unterarmgehstützen. Des Weiteren kommt zweimal täglich eine Motorschiene für zwei bis drei Stunden zur Anwendung. Dadurch werden die Stammzellen zur Umwandlung in Faserknorpel angeregt.
Hier stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung. Diese sollten frühzeitig eingesetzt werden, um sekundäre entzündliche Prozesse zu verhindern und einer vorzeitigen Arthrose vorzubeugen. Hierzu gehört folgende Operationstechnik:
Hierbei wird zunächst ein Knorpel-Knochenzylinder, mit einem Durchmesser von sechs bis zehn mm, aus einem nicht belasteten Bereich des Gelenkes entnommen und im Anschluss passgenau mit der Press-Fit-Technik in eine Defektzone implantiert. Das Verfahren wird vor allem bei kleinen Defekten von < 1 cm durchgeführt. Der Eingriff erfolgt in offener Technik. Die Stabilität wird durch eine ausreichende Zylinderlänge und optimale Operationstechnik gewährleistet. Daher kann man hier auf eine Fixation mittels Schrauben verzichten. Nach dem Eingriff besteht ein freies Bewegungsausmaß. Bis zum Abschluss der Wundheilung sollte eine Teilbelastung erfolgen, danach, allmählich Steigerung zur Vollbelastung.
Dieses Verfahren stellt einen kleinsten endoprothetischen Oberflächenersatz dar. Es handelt sich um ein relativ neues, erfolgreiches Verfahren. Bei dem Eingriff wird ein tief greifender Knorpeldefekt mit einer Kleinstprothese ersetzt. Das Verfahren kann bei Knorpelschäden bis vier qcm und gerader Beinachse durchgeführt werden, wenn andere Verfahren wie ACT und OATS nicht in Frage kommen. Der Hemicap ist eine kleine Kappenprothese mit Titanlegierung der Oberfläche. Die Prothese wird nach Ausfräsen der defekten Knorpellamellen passgerecht mit Schrauben verankert. Bislang wird das Verfahren an den Femurcondylen und am Gleitlager sowie bei isolierter Retropatellararthrose (der Rückfläche der Kniescheibe) angewendet.
Durch eine Umstellungsosteotomie erreicht man vor allem eine Verbesserung des Gelenkzustandes. Durch Fehlstellungen kommt es zu Überlastungen. Ein O-Bein (Genu varum) führt zu einer Überlastung der inneren Gelenkfläche des Kniegelenks. Dagegen steigt beim X-Bein (Genu valgum) der Druck auf der Außenseite des Kniegelenks. Durch die mechanische Überbeanspruchung entwickeln sich degenerative Veränderungen an den Menisken und am Gelenkknorpel. Bei leichten Fehlstellungen kann eine Schuhinnen- oder Außenranderhöhung bereits ausreichend sein, um die Druckverteilung im Kniegelenk zu verbessern. In schweren Fällen ist jedoch eine operative Umstellung der Beinachse erforderlich, die so genannte Umstellungsosteotomie. Dadurch wird die Achsfehlstellung korrigiert und so die Belastung vom geschädigten Knorpel auf gesunden verlagern.
Das Gelenk muss im Anschluss an die Operation für sechs Wochen entlastet werden. Danach kann langsam mit der Belastung des Gelenkes begonnen werden. Sportverbot besteht für drei bis sechs Monate.
Als Bioprothese bezeichnet man die Kombination aus Umstellungsosteotomie und Mikrofrakturierung oder Abrasionsarthroplastik. Durch die körpereigene Regeneration entsteht eine Art biologischer Gelenkersatz.
Der künstlicher Ersatz kommt vor allem bei starker Verschleiß des betreffenden Gelenkes und ausgeprägter Schmerzsymptomatik mit erheblicher Bewegungseinschränkung in Frage. Ziel ist es eine Schmerzreduktion oder Schmerzbefreiung zu erreichen.
Die Prognose ist abhängig von der zugrunde liegenden Erkrankung. Nicht behandelte Knorpeldefekte haben keine spontane Heilungskapazität. Vor allem bei oberflächlichen Knorpeldefekten ist die Selbstheilung unvollständig, da sie keinen Zugang zum Blut oder Knochenmark haben.
Letzte Aktualisierung am 10.05.2021.