Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) ist eine rheumatische Erkrankung, die vor allem an der Wirbelsäule zu Veränderungen führt. Es kommt zu chronischen Entzündungen, die sich meist an den Wirbelsäulengelenken, bisweilen an manchen weiteren Gelenken sowie an den Ansätzen von Sehnen finden. Typisch für den Morbus Bechterew ist eine Verkrümmung und Versteifung der Wirbelsäule, was auch oft zu Schmerzen führt. Bei Männern und Frauen tritt die Krankheit annähernd gleich häufig auf, allerdings ist sie bei Männern oft stärker ausgeprägt. Der Zeitpunkt des Krankheitsbeginns liegt in vielen Fällen zwischen dem 15. und dem 30. Lebensjahr. Zu den Therapiemethoden beim Morbus Bechterew gehören Krankengymnastik, Medikamente sowie bei schweren Verläufen auch Operationen.
Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) ist eine Erkrankung, deren Ursache nicht genau bekannt ist. Sie hängt wahrscheinlich mit einem Erbfaktor namens HLA-B27 zusammen, da dieser bei 95 Prozent der Erkrankten in den Genen vorhanden ist. HLA-B27 alleine reicht jedoch nicht aus, um einen Morbus Bechterew hervorzurufen, da es sich auch schon bei 8 Prozent der nicht erkrankten Menschen findet. Im Übrigen scheint ein Einfluss weiterer genetischer Merkmale zu bestehen.
Bei der Entstehung der Bechterew-Krankheit gibt es einen Zusammenhang mit verschiedenen äußeren Faktoren. So wird vermutet, dass eine Infektion mit Bakterien (z. B. Erreger von Darm- und Harnwegsinfekten wie Chlamydien, Salmonellen, Yersinien, Shigellen, Klebsiellen) Vorgänge auslöst, die zu der Erkrankung führen. Psychische Aspekte spielen möglicherweise bei der Entstehung eine Rolle. Wahrscheinlich können auch Umstände wie eine starke körperliche Belastung, Nässe und Kälte die Bechterew-Erkrankung auslösen.
Solche Einflüsse führen beim Morbus Bechterew dazu, dass Fehlreaktionen des Abwehrsystems ablaufen. Durch die Immunabwehr wird körpereigenes Gewebe angegriffen. Es kommt zum Ablauf von Entzündungsreaktionen in Gelenken (insbesondere der Wirbelsäule), Sehnen und anderen Körperstrukturen. Der Morbus Bechterew kann damit zu den rheumatischen Erkrankungen gezählt werden. Weshalb vor allem die Wirbelsäule befallen wird, ist unbekannt. Die Entzündungsprozesse können zu einer so starken Gewebeveränderung an den Gelenken führen, dass sie verknöchern können. Charakteristisch ist eine solche Reaktion an den Gelenken zwischen den einzelnen Wirbelknochen (Wirbelgelenke oder Facettengelenke). Das Gelenk, das neben den Wirbelsäulengelenken am häufigsten befallen ist, ist das Iliosakralgelenk (Gelenk zwischen Kreuzbein und Darmbein).
In der Regel beginnt der symptomatische Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) allmählich mit Schmerzen im unteren Bereich des Rückens. Sie gehen gewöhnlicherweise mit einer Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule einher, die ihr Maximum (ebenso wie die Schmerzen) in den Morgenstunden hat. Die Schmerzen können in Regionen wie Gesäß und Oberschenkel fortgeleitet werden. Nach einer gewissen Bewegung kommt es zu einer Besserung der Beschwerden. Im Verlauf nimmt über Monate bis Jahre die Versteifung der Wirbelsäule zu. Die Betroffenen bekommen häufig einen „Buckel", also eine Verkrümmung der Brustwirbelsäule, wohingegen die Lendenwirbelsäule eher flacher wird. Im sehr fortgeschrittenen Stadium kann die Wirbelsäule vollkommen unbeweglich sein.
Morbus Bechterew kann nicht nur die Wirbelsäule betreffen. Nicht selten kommt es durch Erkrankung der entsprechenden Gelenke zu Schmerzen und Minderbeweglichkeit in den Schultern, Hüften und Knien. An Sehnen kann es zu Entzündungen mit Schmerzen kommen, häufig ist beispielsweise die Achillessehne betroffen. Der Schmerz an der Ferse kann bereits ein frühes Krankheitszeichen sein. Durch Versteifung der Gelenke zwischen Wirbeln und Rippen kann es zur Atemeinschränkung kommen.
Zu den Allgemeinsymptomen, die beim Morbus Bechterew vorkommen können, gehören Müdigkeit und Gewichtsabnahme. Eine weitere, häufig anzutreffende Veränderung kann sich am Auge zeigen. Dort kommt es in nicht wenigen Fällen zu einer Regenbogenhautentzündung (Iritis, Iridozyklitis). Schäden aufgrund der Augenentzündung können zu einer deutlichen Herabsetzung der Sehschärfe führen. Bisweilen kommt es im Rahmen eines Morbus Bechterew zu einer entzündlichen Darmerkrankung, einer Entzündung der Aorta (Hauptschlagader) sowie Veränderungen der Harnwege, der Niere oder der Lunge. Des Weiteren kann ein Morbus Bechterew mit einer Schuppenflechte (Psoriasis) einhergehen.
Insgesamt läuft der Morbus Bechterew schubweise ab. Das bedeutet, dass sich Zeiten mit starken Beschwerden abwechseln mit einigermaßen symptomarmen Intervallen.
Die Diagnose des Morbus Bechterew gelingt anhand verschiedener Kriterien. Dazu befragt der Arzt zunächst den Patienten (Anamnese). Aufschlussreich sind die Beschwerden des Patienten, mögliche weitere im Zusammenhang stehende Erkrankungen (z. B. Schuppenflechte, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Augenentzündung) sowie Bechterew-Fälle in der Familie des Betroffenen. Eine körperliche Untersuchung auf Morbus Bechterew beinhaltet diverse Tests, unter anderem den Schober-Test (Bewegungsumfang der Lendenwirbelsäule) oder den Menell-Test (Schmerzhaftigkeit bei Bewegung der Kreuzbein-Darmbein-Gelenke). Bei den bildgebenden Untersuchungen hat sich die Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) als sehr aussagekräftig erwiesen. Veränderungen können oft auch im Röntgen oder der Computertomographie (CT) gesehen werden, selten wird eine Szintigraphie (Aufnahme nach Gabe einer leicht radioaktiven Substanz) durchgeführt. Von Interesse kann weiterhin eine Blutentnahme sein, so dass eine Laboruntersuchung auf das Erbmerkmal HLA-B27 sowie auf Entzündungswerte möglich ist.
Beschwerden, die beim Morbus Bechterew vorkommen, finden sich in anderer Ausprägung auch bei anderen Erkrankungen. Schmerzen und Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule können bei Krankheiten wie Wirbelgelenkarthrose (Facettensyndrom) oder Osteoporose (Knochenschwund) vorkommen. Zudem wird bei Symptomen an anderen Organen (z. B. am Auge) oft nicht daran gedacht, dass es sich um einen Morbus Bechterew handeln könnte.
Der Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) wird normalerweise mit nicht operativen (konservativen) Methoden behandelt. Sie dienen der Schmerzreduzierung und dem Erhalt beziehungsweise der Verbesserung der Bewegungsmöglichkeit. In sehr seltenen Fällen ist es notwendig, bei Veränderungen durch den Morbus Bechterew eine Operation durchzuführen.
Der wichtigste Aspekt der Therapie von Morbus Bechterew ist die Bewegung. So soll der Patient Krankengymnastik sowie auch regelmäßig Sport ausüben. Gegen die Schmerzen können Wärme und Kälte sowie eine Elektrotherapie helfen.
Eine Behandlung mit Medikamenten erfolgt meist mit den entzündungs- und schmerzhemmenden NSAR (nichtsteroidalen Antirheumatika). Weiterhin können so genannte Basistherapeutika (Sulfasalazin, seltener auch Methotrexat) gegeben werden. Bei schwerem Verlauf können Cortison oder Biologicals (eine moderne Gruppe entzündungshemmender Wirkstoffe) zum Einsatz kommen. Viele der Medikamente können auch als Spritze verabreicht werden.
Sind bestimmte andere Organe von der Erkrankung betroffen, so erfolgt eine gezielte Behandlung. So wird z. B. eine Augenentzündung mit speziellen Mitteln durch einen Augenarzt behandelt.
Bei Bedarf können bei entsprechenden Schäden Operationen durchgeführt werden. Dazu können Eingriffe zum Einsatz einer Gelenkprothese (z. B. Hüftprothese) oder andere Gelenkoperationen gehören. Bei sehr starker Verkrümmung oder Stabilitätsverlust kann eine operative Aufrichtung der Wirbelsäule angezeigt sein.
Der Krankheitsverlauf beim Morbus Bechterew ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Meist sind die Beschwerden und Schäden bei Frauen geringer als bei Männern. Bei etwa 80 Prozent der Bechterew-Erkrankten ist der Verlauf eher unkompliziert, so dass der Beruf noch ausgeübt werden kann. Nur wenige Patienten sind aufgrund ihrer Erkrankung so eingeschränkt, dass sie auf fremde Hilfe angewiesen sind. Die Aussichten sind schlechter, wenn der Morbus Bechterew in sehr jungem Alter (unter 18 Lebensjahren) beginnt. Die Erkrankung verläuft in Schüben. Nach einem Schub kann nicht immer die vorherige Beweglichkeit wieder erreicht werden. Die Erkrankung kann andererseits aber auch einmal komplett zum Stillstand kommen.
Zur Therapie können Krankengymnastik und Bewegung einen erheblichen Beitrag leisten und oft die Verschlechterung aufhalten. Medikamente haben eine eher eingeschränkte Wirksamkeit. Hier scheint vor allem die Anwendung der modernen Biologicals vielversprechend zu sein.
Letzte Aktualisierung am 10.05.2021.