Eine Osteochondrosis dissecans ist ein Absterben von Knochengewebe (Knochennekrose) in der Nähe eines Gelenkknorpels. Einer der Orte, an denen dies häufig auftreten kann, ist das Sprunggelenk. Es kann im Verlauf zur Abtrennung eines Knochenstückchens kommen, das in das Gelenk gelangen kann und dort als freier Gelenkkörper Probleme bereiten kann. Bei einer Osteochondrosis dissecans kommt es oft zu Schmerzen, im Spätstadium auch zu Blockierungen im Sprunggelenk. Die Therapie wird bei Kindern und Jugendlichen meist ohne Operation durchgeführt. Bei Erwachsenen ist ein operativer Eingriff aber oft unumgänglich.
Die genaue Entstehung einer Osteochondrosis dissecans ist nicht geklärt. Die Erkrankung tritt oft im Jugendalter auf und kommt bei mehr männlichen als weiblichen Patienten vor. Zu den wahrscheinlichen Einflussfaktoren gehören Verletzungen sowie längerfristige mechanische Belastungen. Ein Beispiel ist die Entstehung der Osteochondrosis dissecans im Sprunggelenk durch mehrmaliges Umknicken. Menschen, die intensiv Sportarten mit Belastung auf das Sprunggelenk betreiben, sind eher von der Erkrankung betroffen als weniger aktive Personen. Weitere mögliche Entstehungsfaktoren sind manche Stoffwechselerkrankungen oder Merkmale im Erbgut. Bei der Osteochondrosis dissecans findet sich meist eine verminderte Durchblutung. So kommt es in einem kleinen Bereich des Knochens zum Absterben von Gewebe.
Die Osteochondrosis dissecans wird in Stadien eingeteilt, die die Schwere des Krankheitsbildes beschreiben. Stadium 1 und 2 sind Schäden am Knorpel beziehungsweise am Knochen, bei Stadium 3 und 4 hat sich ein Knorpel-Knochen-Stück schon komplett abgelöst. Im Stadium 4 hat sich dieses Stück verlagert.
Symptome ergeben sich aber nur bei einem Teil der Patienten. Oft machen sich Schmerzen in der Tiefe am oberen Sprunggelenk bemerkbar. Deutliche Beschwerden bestehen meist erst, wenn sich ein Knochenstückchen herausgelöst hat. Die Schmerzen sind während und nach körperlichen Betätigungen im Sprunggelenk stärker. Neben den Schmerzen zeigt sich selten ein Widerstand bei der Gelenkbewegung oder eine komplette Blockierung. Folgen der Osteochondrosis dissecans des Sprunggelenks können Entzündungsreaktionen mit Schwellung und Überwärmung sein. Die Gefahr eines Gelenkverschleißes (Arthrose) erhöht sich. Weitere Schäden, insbesondere am Knorpel, werden im Wesentlichen durch den entstandenen freien Gelenkkörper (so genannte Gelenkmaus) verursacht.
Nach einer Befragung des Patienten (Anamnese) zu möglichen Auslösern, den Beschwerden und zu vorbestehenden Erkrankungen führt der Arzt eine körperliche Untersuchung durch. Am Sprunggelenk testet er unter anderem die Beweglichkeit. Eine Röntgenaufnahme wird angefertigt, darauf zeigen sich meist erst zu einem späten Zeitpunkt deutliche Veränderungen. Besser zur Diagnose ist die Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT). Sinnvoll ist des Weiteren eine Ultraschalluntersuchung. Eine genaue Diagnostik ist zudem oft durch eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie) möglich.
Die Osteochondrosis dissecans muss gegenüber anderen Erkrankungen im Sprunggelenk abgegrenzt werden. Dazu gehören unter anderem Knorpel-Knochen-Brüche beziehungsweise freie Gelenkkörper („Gelenkmäuse") anderer Ursachen, Verknöcherungsstörungen, Impingement (Engesyndrom) oder Gelenkrheuma (rheumatoide Arthritis).
Die Wahl der Behandlungsform hängt entscheidend vom Alter des Patienten und vom Stadium der Osteochondrosis dissecans ab. Nichtoperative Behandlungen sind meist bei jungen Patienten ohne abgelöstes Knorpel-Knochen-Fragment ausreichend. Bei Erwachsenen erfordert die Osteochondrosis dissecans in der Regel eine Operation.
Die konservative (nicht operative) Behandlung besteht in der Ruhigstellung des Sprunggelenks über meist mehrere Monate. Dazu kann eine stabilisierende Schiene angelegt werden. Zusätzlich sollte jedoch eine schonende Krankengymnastik durchgeführt werden. Möglicherweise bestehende Schmerzen können durch eine Medikamentengabe (meist NSAR = nichtsteroidale Antirheumatika) bekämpft werden.
Eingriffe zur Behandlung der Osteochondrosis dissecans können teilweise in einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) erfolgen, bei der der Arzt über kleine Zugänge und mit Hilfe eines optischen Instrumentes operiert. In anderen Fällen muss aber eine offene Operation erfolgen. Durch kleine Bohrungen kann die Erneuerung des Knorpels und Knochens stimuliert werden. Es kann auch intaktes Knochenmaterial aus anderer Stelle des Körpers eingefüllt werden, ebenso kann eine Transplantation von eigenem Knorpelgewebe erfolgen. Ein abgetrenntes Knorpel-Knochen-Stück kann mit Materialien wie Drähten oder Schrauben wieder befestigt werden.
Allgemein lässt sich zur Osteochondrosis dissecans im Sprunggelenk sagen, dass die Chance einer Ausheilung ohne Operation umso besser ist, je jünger der Betroffene ist. Bei Kindern und Jugendlichen bildet sich an der abgestorbenen Stelle oft langsam neues Knochengewebe. Bei Patienten im Erwachsenenalter ist die Prognose weniger gut, und es muss häufig eine Operation erfolgen. Eine vollständige Ablösung eines Fragments verschlechtert die Heilungsaussichten erheblich. Auch nach einer Operation ergibt sich in nicht wenigen Fällen über lange Sicht ein unzufriedenstellendes Ergebnis. Bei der Osteochondrosis dissecans besteht die Gefahr von Folgeerkrankungen, insbesondere einer Arthrose (Gelenkverschleiß).
Letzte Aktualisierung am 17.05.2021.