Bei einer Schulterverrenkung (Schulterausrenkung, Schulterluxation, "Schulterauskugelung") springt der Kopf des Oberarmknochens aus der Gelenkpfanne, die zum Schulterblatt gehört. Ursache für die Ausrenkung kann ein Unfall sein, aber auch eine Gewebeschwäche, langfristige Gewebeschäden oder weitere Erkrankungen. Der Oberarmkopf springt meist nach vorne oder nach vorne unten aus dem Gelenk, selten auch nach hinten oder oben. Der Arm wird, möglichst nach der Gabe von Schmerzmitteln oder Betäubungsmitteln, wieder in die richtige Lage gebracht. Neben einigen nicht operativen Behandlungsformen ist in manchen Fällen der Schulterverrenkung auch eine Operation angezeigt.
Aufgrund der anatomischen Verhältnisse treten am Schultergelenk die häufigsten Verrenkungen (Luxationen) des menschlichen Körpers ein. Die Gelenkpfanne ist im Verhältnis zum Oberarmkopf klein, und in der Schulter herrscht von vornherein eine große Bewegungsfreiheit. Das Schultergelenk wird hauptsächlich durch umgebende Muskeln und ihre Sehnen in seiner Position gehalten. In der Gelenkkapsel besteht ein gewisser Spielraum. Dies alles führt dazu, dass die Schulter öfter als andere Gelenke "auskugelt".
Viele der Schulterverrenkungen werden durch Unfälle verursacht (traumatische Schulterluxation). Gewöhnlicherweise passiert die Ausrenkung durch Gewalteinwirkung auf den Arm wie durch eine Drehung mit Zug nach außen. Solche Vorgänge können beispielsweise beim Sport oder bei Verkehrsunfällen auftreten.
Nach einer Verletzung kann es zu einer (wiederkehrenden) Schulterausrenkung kommen (posttraumatische Luxation). Aufgrund der Schädigung von Strukturen der Schulter, z. B. Knochen, Gelenkknorpel, Sehnen, Bändern oder Muskeln (so genannte Rotatorenmanschette), springt der Oberarmkopf leicht aus der Gelenkpfanne. Auch eine langfristige Schädigung dieser Anteile der Schulter durch Überlastung kann Luxationen bedingen.
Die verstärkte Neigung, Schulterverrenkungen zu bekommen, ist oft durch eine erhöhte, erbliche Gewebeschwäche bedingt. Eine so entstandene Verrenkung wird als habituelle Schulterluxation bezeichnet, der Zustand des Gelenks auch als Schulterinstabilität. Besonders stark ist die Veranlagung beim Marfan-Syndrom (eine seltene Krankheit) vorhanden. Manche angeborenen Veränderungen im Schultergelenk erhöhen ebenfalls die Bereitschaft zu Luxationen, beispielsweise eine nicht vorhandene Gelenklippe.
In den allermeisten Fällen renkt sich der Oberarmkopf nach vorne oder nach vorne unten aus. Insbesondere bei Unfällen sind aber ebenfalls Luxationen nach unten, hinten, oben oder als absolute Rarität bei Rippenbruch nach innen in den Brustkorb möglich. Ist der Oberarmkopf nicht vollständig aus der Gelenkpfanne gesprungen, so wird von einer Subluxation gesprochen.
Bei der Verrenkung verspürt der Patient starke Schmerzen. Zudem kann es, falls Nerven beeinträchtigt werden, zum Taubheitsgefühl oder zu Lähmungen kommen. Es besteht durch die Ausrenkung eine stark eingeschränkte Beweglichkeit des Armes. Der Arm ist bei der häufigsten Form, der Verrenkung nach vorne, nach innen verdreht und liegt am Körper an. Die Schulter ist in ihrer Form verändert.
Bei jeder Luxation liegen mehr oder weniger starke Schäden des umgebenden Gewebes vor. So können sich Risse von Muskeln, Sehnen, Bändern, Gelenklippe und Gelenkkapsel zeigen. Ebenfalls sind Schäden an Gefäßen und Nerven möglich, weshalb der Arm möglichst bald wieder eingerenkt werden sollte, um bleibende Folgen zu verhindern.
Eine Ausrenkung der Schulter kann der Arzt normalerweise schon bei der körperlichen Untersuchung feststellen. Der Arzt führt auch ein kurzes Patientengespräch, um Informationen über den Unfallhergang zu gewinnen. Um die Diagnose der Schulterluxation zu sichern, werden Röntgenaufnahmen angefertigt. Weiterhin können durch Ultraschall, Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) oder auch Computertomographie (CT) Verletzungen der Umgebung dargestellt oder ausgeschlossen werden. Gelegentlich müssen Spezialisten anderer Fachgebiete (Nervenarzt = Neurologe) zusätzliche Untersuchungen vornehmen.
Es müssen durch die Untersuchungen vor allem begleitende Verletzungen wie Knochenbrüche oder Gelenklippenrisse ausgeschlossen werden. Ansonsten ist eine vollständige Luxation der Schulter eindeutig zu erkennen. Eine unvollständige Verrenkung (Subluxation) kann vor allem mit anderen Verletzungen verwechselt werden.
Erstes Ziel ist es, die ausgerenkte Schulter baldmöglichst wieder in eine regelrechte Position zu bringen. Aufgrund der beim Einrenken bestehenden heftigen Schmerzen werden nach Möglichkeit Schmerzmedikamente oder sogar eine Betäubung oder Narkose verabreicht. Die Einrenkung (Reposition) kann mit verschiedenen Handgriffen vorgenommen werden:
Bei wiederkehrender (habitueller) Verrenkung des Schultergelenks kann der Patient oft selbst den Arm in die richtige Lage zurückbringen.
Nach der Einrenkung des Armes wird meist ein Verband angelegt, um eine Schonung des Schultergelenks zu erhalten. Der Patient bekommt spezielle Krankengymnastik. Bei Schmerzen können entsprechende Medikamente eingenommen werden.
Eine Operation bei Schulterluxation wird oft vorgenommen, wenn es sich um eine verletzungsbedingte (traumatische) Verrenkung handelt, die zum ersten Mal eintrat. Sie erfolgt meist in einer Gelenkspiegelung (Arthroskopie) und beinhaltet die Versorgung der jeweiligen Schäden beispielsweise durch Naht oder Knochenzusammenfügung. Auch bei wiederholten (habituellen) Verrenkungen kann eine Operation erfolgen. Die Gelenkkapsel und weitere Strukturen werden gestrafft.
Die Aussichten nach einer Verrenkung (Luxation) der Schulter sind von Fall zu Fall unterschiedlich. Es können Schäden an diversen Strukturen eintreten, die auch dauerhaft bestehen bleiben können. Daher sollte eine Einrenkung des Armes rasch erfolgen. Nicht selten besteht die Tendenz, häufiger eine erneute Luxation zu erleiden (habituelle Luxation, Instabilität der Schulter). Nach einer Operation bleibt der Oberarmknochen aber zumindest in den meisten Fällen in der richtigen Position.
Letzte Aktualisierung am 14.05.2021.