Eine Schulterinstabilität beschreibt den Zustand, dass eine Ausrenkung der Schulter (Luxation, "Auskugelung") besonders leicht passieren kann. Der Oberarmkopf springt immer wieder aus der Gelenkpfanne des Schulterblattes. Die Instabilität kann angeboren oder erworben sein. Sie kommt häufig durch eine allgemeine abnorme Dehnbarkeit des Gewebes zustande, aber auch durch eine längerfristige Überlastung oder bisweilen nach Unfällen. Neben der übermäßigen Beweglichkeit können auch Schmerzen auftreten. Die Behandlung des Zustandes erfolgt, je nach Schwere der Schulterinstabilität, durch gezielten Muskelaufbau an der Schulter oder durch eine Operation.
Mehrere Ursachen beziehungsweise Faktoren können bei der Instabilität des Schultergelenks eine Rolle spielen. Die Schulterinstabilität kann durch eine vererbbare, allgemeine übermäßige Dehnungsfähigkeit verursacht werden. Dabei zeigt sich, dass auch an anderen Gelenken oder weiteren Strukturen ähnliche Phänomene auslösbar sind. In vielen Fällen lässt sich diese Eigenschaft bei anderen Familienmitgliedern feststellen. Eine nur selten vorkommende Erkrankung, bei der die Dehnbarkeit und daher die Veranlagung zu Schulterausrenkungen besonders ausgeprägt ist, ist das Marfan-Syndrom. Des Weiteren können angeborene Strukturveränderungen die instabile Schulter hervorrufen beispielsweise durch ein Fehlen der Gelenklippe.
Die (alleinige oder zusätzliche) Ursache können Dauerschäden durch häufige Belastung der Schulter darstellen. Nicht selten ist dies bei Sportlern, die werfen müssen, der Fall, also Handballern und einigen Leichtathleten, oder auch Schwimmern und Tennisspielern. In manchen Fällen kann eine einmalige Verletzung der Grund für die Schulterinstabilität sein. Typisch ist ein Unfall mit Sturz auf den ausgestreckten Arm, bei dem es zu den Schäden in der Schulter kommt. Die ursächlichen Defekte für die instabile Schulter können die Gelenkkapsel, die Sehnen und Bänder oder die stabilisierende Muskulatur (Rotatorenmanschette) betreffen.
Die Instabilität im Schultergelenk wird meist von den Betroffenen selbst bemerkt. Sie stellen oft fest, dass die Schulter ausgerenkt (luxiert) ist. Durch bestimmte Mechanismen können die Verrenkungen (Luxationen) ausgelöst werden, etwa durch schweres Heben oder Fall auf den ausgestreckten Arm. Bei hochgradiger Instabilität reichen schon geringe Bewegungen aus, um die Schulter „auszukugeln". Ein Ausschnappen des Gelenks kann bemerkt werden. Verrenkungen der Schulter sind häufig schmerzhaft. Meist lässt sich bei der Instabilität der Oberarmkopf ohne große Mühe wieder an die richtige Stelle bringen.
Die Tendenz zu einer Ausrenkung kann in eine Richtung (meist vorne) oder in mehrere Richtungen (vorne und unten; vorne, unten und hinten) bestehen. Im letzteren Fall bezeichnet der Mediziner dies als eine multidirektionale Schulterinstabilität. Ist der Gelenkkopf bei einer Verrenkung nicht vollständig aus der Gelenkpfanne gesprungen, so wird von einer Subluxation gesprochen.
Bei einigen Betroffenen wird nicht die Tendenz zur Verrenkung selbst bemerkt, sondern eher eine Schmerzhaftigkeit. In wenigen Fällen stellen Patienten auch ein plötzliches Taubheitsgefühl fest, was auch ohne Schmerz und auffälliger Ausrenkung auftreten kann.
Eine gründliche Patientenbefragung (Anamnese) kann bereits sehr aufschlussreich für den Arzt sein. Erfragt werden unter anderem das erste Auftreten und die Häufigkeit der Verrenkungen (Luxationen), andere Erkrankungen und Auffälligkeiten sowie körperliche Aktivitäten des Patienten. Bei der körperlichen Untersuchung wird nach möglichen Anzeichen für die Instabilität gesucht. Bestimmte einfache Tests werden dazu vorgenommen. Des Weiteren können bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder ferner auch Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) oder Computertomographie (CT) zum Einsatz kommen.
Neben der Abgrenzung der unterschiedlichen Arten der Instabilität muss geprüft werden, ob bestimmte Verletzungen vorliegen. Dies können unter anderem ein Rotatorenmanschettenriss (Riss der stabilisierenden, die Schulter umgebenden Muskeln), ein Riss der Gelenklippe sowie Nervenschäden sein. Des Weiteren werden Erkrankungen wie z. B. ein Gelenkverschleiß (Arthrose) ausgeschlossen werden. Auch kann die Sehne des Bizepsmuskels luxiert (aus ihrer Führungsrinne gesprungen) sein.
Durch eine Behandlung soll die Schulter wieder stabilisiert werden, so dass keine Ausrenkungen (Luxationen) und keine Schmerzen mehr auftreten. Dazu können nicht operative (konservative) Maßnahmen dienen. Reichen sie nicht mehr aus oder ergeben sich weitere Probleme, so kann eine Operation angezeigt sein.
Die nicht operative Behandlung besteht im Wesentlichen daraus, die Schultermuskeln aufzubauen, damit sie die Stabilität der Schulter gewährleisten. Der Muskelaufbau geschieht durch krankengymnastische Übungen unter Anleitung sowie auch im Alltag zu Hause. Um erneute Luxationen (Ausrenkungen) zu verhindern, kann eine Bandage getragen werden.
Operative Eingriffe zur Stabilisierung der Schulter werden meist als Gelenkspiegelung (Arthroskopie) vorgenommen. Über kleine Einschnitte an der Haut werden eine feine Optik sowie die eigentlichen Operationsinstrumente eingeführt. Manchmal ist noch eine offene Operation notwendig.
Bei der Operation werden die Strukturen, die für die Instabilität verantwortlich sind, repariert oder rekonstruiert. An einer zu weiten oder geschädigten Gelenkkapsel erfolgt eine Straffung oder Naht. Sehnen oder Bänder können ebenfalls vernäht werden, manchmal erfolgt eine Befestigung am Knochen mit speziellen Stiften. In einigen Fällen kann es notwendig sein, auch den Knochen an der Gelenkpfanne oder am Oberarmkopf wieder aufzubauen. Hierbei kann körpereigenes Material aus dem Beckenknochen verwendet werden.
Je älter der Patient ist, desto weniger wahrscheinlich ist eine erneute Verrenkung der Schulter. Eine konservative Behandlung der Schulterinstabilität mit Muskelaufbau ist gerade bei jüngeren Betroffenen häufig nur vorübergehend erfolgreich. Außerdem können sich Erkrankungen wie das Impingement-Syndrom (Engpasssyndrom) ergeben. Eine Operation zur Stabilisierung der Schulter ist oft notwendig. In der Regel ist das betroffene Schultergelenk dann stabil. Eine Operation kann verschleißbedingte Folgeschäden eindämmen. Dennoch kann es später zu einem erneuten Auftreten (Rezidiv) der Verrenkung (Luxation) beziehungsweise Instabilität kommen.
Letzte Aktualisierung am 18.05.2021.