Krankheiten und Verletzungen an der langen Sehne des Bizeps (Musculus biceps brachii) gehören zu den häufigeren Störungen an der Schulter. Der Bizepsmuskel des Arms hat an der Schulter eine kurze und eine lange Sehne. Die lange Sehne ist an der Gelenkpfanne der Schulter befestigt und zieht durch einen Teil des Oberarms, bis sie zum eigentlichen Muskel wird. An der Sehne können unter anderem eine Sehnenreizung (Tendinosis), eine Sehnenentzündung (Tendinitis), eine Sehnenscheidenentzündung (Tendovaginitis) oder ein Bizepssehnenruptur vorkommen. Solche Bizepssehnenerkrankungen führen im Allgemeinen zu Schmerzen und verminderter Beweglichkeit des Armes am Schultergelenk.
Störungen an der langen Sehne des Bizeps ergeben sich in vielen Fällen durch eine mechanische Überlastung. Durch jahrelange Beanspruchung, etwa durch Tragen und Heben oder beim Sport, kann es zu Verschleißerscheinungen kommen. Dazu beitragen kann eine Verlagerung der Sehne aus der Rinne am Oberarmknochen, durch die sie verläuft. Die Ursache hierfür kann eine Bänderdehnung sein, so dass die lange Bizepssehne nicht mehr stabil an ihrem Ort gehalten wird. Sie kann vor allem beim Drehen des Arms nach außen herausspringen. Die Reizung nimmt bei einer solchen Instabilität zu. Weitere Faktoren sind eine Gewalteinwirkung oder ein verrenktes („ausgekugeltes") Schultergelenk (Luxation). Schließlich kann es - oft bei einer gewissen Vorschädigung - zu einem Riss der Bizepssehne kommen, wenn die mechanischen Kräfte zu groß sind. Ohne eine vorhergehende Beanspruchung kann dies bei manchen Unfällen vorkommen.
Vielfach sind andere Erkrankungen an der Schulter für die Bizepssehnenprobleme verantwortlich. Typische Erkrankungen als Grund für eine Reizung oder Entzündung sind das Impingement-Syndrom (Engpasssyndrom, eine Art Verengung innerhalb der Schulter) oder Rheumaerkrankungen. Selten liegen andere Ursachen für die Erkrankungen an der langen Bizepssehne vor, beispielsweise eine fortgeleitete Infektion mit Bakterien.
Häufige Erkrankungen und Verletzungen der langen Bizepssehne sind:
Bei einer Überreizung oder Entzündung der langen Bizepssehne ergeben sich Schmerzen, die eher an der Vorderseite der Schulter bemerkt werden. Die Schmerzen können aber auch an anderer Stelle liegen beziehungsweise dorthin ausstrahlen. Bei Bewegungen kann gelegentlich ein Reiben oder Schnappen auftreten. Durch die Beschwerden kann es zu einer verminderten Bewegung im Schultergelenk kommen.
Bei einem kompletten Riss der langen Bizepssehne sind die Schmerzen häufig weniger ausgeprägt. Als typisches Merkmal kann sich nach dem Riss eine vorgewölbte Stelle am unteren Bereich des Oberarms zeigen, da der Bizepsmuskel verlagert wird. Blutergüsse können vorhanden sein. Die Kraft in dem Arm ist eingeschränkt.
In einem Diagnosegespräch (Anamnese) befragt der Arzt den Patienten zu seinen Beschwerden, zu der möglichen Entstehungsgeschichte und zu eventuellen Vorerkrankungen. Viele Informationen gewinnt der Arzt schon bei der körperlichen Untersuchung, die unter anderem eine Betrachtung und eine Bewegungsprüfung beinhaltet. Dann werden bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) angewendet.
Auch einige Erkrankungen an anderen Strukturen als der langen Bizepssehne können zu entsprechenden Schulterschmerzen führen. Beispiele sind das Engpasssyndrom (Impingement) der Schulter, die Arthrose der Schulter (Omarthrose), die Schleimbeutelentzündung (Bursitis) oder auch ein Rotatorenmanschettenriss (Riss an bestimmten Stellen der Muskulatur).
Die Behandlung richtet sich nach dem Befund und wird oft mit nicht operativen (konservativen) Maßnahmen durchgeführt, gelegentlich aber auch durch einen operativen Eingriff.
Die konservative (nicht operative) Behandlung beinhaltet vor allem die körperliche Schonung und Ruhigstellung des Schultergelenks. Krankengymnastik, ein Training bestimmter anderer Muskelgruppen (Trizeps, Rotatorenmanschette) oder Massagen können in Frage kommen. Oft werden Medikamente zum Einnehmen (entzündungshemmende NSAR = Nichtsteroidale Antirheumatika) oder als Spritze gegeben. Weitere, regelmäßig eingesetzte Methoden sind die Kältetherapie, die Elektrotherapie und die Ultraschallbehandlung.
Eine Operation bei Erkrankungen der langen Bizepssehne kann unter Umständen sinnvoll sein, um die Knochenrinne zu erweitern oder um eine Verlagerung der Sehne in Zukunft zu verhindern.
Eine Operation bei Ruptur (Riss) der Bizepssehne wird normalerweise nur dann durchgeführt, wenn der Muskel erheblich verlagert ist oder wenn der Patient die ganze Kraft in seinem Arm dringend benötigt (Sportler, körperlich arbeitende Menschen). Die gerissene Sehne wird zusammengenäht, oder sie wird am Oberarmknochen mittels einer speziellen Bohrung befestigt.
Die Erkrankungen sind oftmals langwierig und bedürfen einiger Wochen bis Monaten der Behandlung. Meist können die Beschwerden jedoch zum Verschwinden gebracht werden. In einigen Fällen ist eine Operation ratsam. Bei den Erkrankungen kann es allmählich zu immer stärkeren Schäden kommen, so dass ein Reißen der Sehne die Folge sein kann. Ein Riss heilt oft auch ohne eine Operation gut, lediglich die Kraft im Arm bleibt vermindert, was bei den meisten Menschen im Alltag allerdings keine nennenswerte Rolle spielt. Die Operation zeigt meist ein zufriedenstellendes Ergebnis.
Letzte Aktualisierung am 11.03.2022.