Was bei Achilleus in der griechischen Mythologie die Verse war, ist bei uns modernen Menschen der Rücken. Wenn es im Alter ziept und schmerzt, dann hat man es meistens zuallererst im Kreuz. Der Bereich zwischen Nacken und Steißbein ist eine der anfälligsten Regionen des menschlichen Körpers. Im Alter zwischen 35 und 55 Jahren klagen die meisten Patienten über Schmerzen im Wirbelsäulenbereich, oft im Bereich der Lendenwirbel. Dort ruht immerhin die größte Last. Doch verfrühte Angst vor dem Skalpell ist in aller Regel überflüssig: Nur ein Bruchteil der Beschwerden ist wirklich auf eine ernst zu nehmende Erkrankung wie einen Tumor, einen Bandscheibenvorfall oder eine Entzündung zurückzuführen.
Mit zunehmendem Alter ist die Wirbelsäule dem natürlichen Verschleiß ausgesetzt. Die Bandscheiben, die zwischen den Wirbeln liegen, verlieren an Volumen, werden brüchig. Eine so vorbelastete Bandscheibe kann sich bei falscher Belastung in Richtung Wirbelkanal bewegen. Diese so genannte Bandscheibenprotrusion ist der Vorläufer zum Bandscheibenvorfall, bei dem die Bandscheibe ganz in den Wirbelkanal rutscht. Diese abnutzungsbedingten Vorgänge können mit starken Schmerzen verbunden sein. Die Betonung liegt auf „können", denn oft bemerken Betroffene gar nicht, was da in ihrem Rücken vorgeht. Denn der Bandscheibenverschleiß ist eine natürliche Begleiterscheinung des Alterns - wie graue Haare und Falten.
Wann die Veränderungen im Rücken einsetzen, hängt ganz von der individuellen Vorgeschichte ab. Starke körperliche Arbeit begünstigt die Abnutzung natürlich, ebenso ausdauerndes Sitzen und eine ungesunde Lebensführung. Wenn es dann wehtut, ist dies meist ein Zeichen, dass die Bauch- und Rückenmuskulatur untrainiert und somit der Belastung nicht mehr gewachsen ist. Sie verspannt und verhärtet sich.
In deutlich über drei Vierteln der Fälle verschwinden die Beschwerden nach kurzer Zeit wieder - spätestens nach wenigen Monaten. Doch bei ebenso vielen Menschen kommt der Schmerz wieder, entwickelt sich bei Manchem gar zur chronischen Qual. Das kann am so genannten Schmerzgedächtnis liegen, der Lernfähigkeit der reiztransportierenden Nervenzellen. Denn diese merken sich die Schmerzsignale und werden so sensibilisiert. Oft reagieren Betroffene dann schon bei leichtesten Berührungen mit starken Schmerzen.
Auch die Psyche spielt bei Rückenschmerzen oft eine große Rolle: Stress oder emotionale Ausnahmesituationen lösen Verspannungen der Muskeln aus. Wer verbissen durchs Leben geht, kämpft oft mit Beschwerden dieser Art. Übrigens ist es nicht ratsam, dem Schmerz damit zu begegnen, dass man eine Schonhaltung einnimmt. Dieser meist automatisierte Prozess schont nämlich ganz und gar nicht. Im Gegenteil: Eine Schonhaltung ist immer eine Fehlhaltung, die zwar den einen Teil des Rückens ent-, einen anderen aber dafür umso mehr belastet.
Wenn es dann doch zu schlimm wird, sollte der Weg immer zum Arzt führen. Auch hier hat sich der Umgang mit dem Volksleiden Rückenschmerzen stark verändert. Im Gegensatz zu früheren Zeiten wird Liegen nicht mehr als die geeignete Therapie betrachtet. Stattdessen empfehlen Experten Sport und alltägliche Aktivitäten, um die Verspannungen in den Muskeln zu lösen und die Durchblutung zu verbessern. Die Lebensdauer der Bandscheiben wird dadurch ebenfalls erhöht. Massagen und Übungen zur Entspannung ergänzen die Behandlung, bisweilen auch Medikamente.
Weniger als fünf Prozent der Rückengeplagten gehören wirklich in ein Krankenhaus. Noch weniger bedürfen einer Operation. Diese ist nur dann vonnöten, wenn die Schmerzen auf gebrochene Wirbel, Infektionen oder Tumore zurückzuführen sind oder wenn Nerven vom Absterben bedroht sind. Im größten Teil der Fälle hilft Bewegung und Entspannung, um den Albtraum vom schmerzenden Kreuz zu beenden.
Letzte Aktualisierung am 02.06.2010.