Eine Lähmung ist allgemein ein Funktionsausfall eines Körperbereiches durch eine Nervenschädigung. In der Orthopädie, insbesondere der Kinderorthopädie, spielen Lähmungen aufgrund der Muskelausfälle und der daraus folgenden Probleme eine Rolle. Neben der Behandlung mit Krankengymnastik, orthopädischen Hilfsmitteln und weiteren Maßnahmen kann unter Umständen auch eine Operation angezeigt sein. Je nach der Schädigung kann eine Wiederherstellung durchtrennter Nerven angezeigt sein, oder aber eine funktionsverbessernde Operation an den Weichteilen und Knochen.
Lähmungen können nach mehreren Kriterien unterschieden werden. Nach dem geschädigten Nervengewebe kann eine zentrale Lähmung im Hirn oder Rückenmark von einer peripheren (nicht zentralen) Lähmung in einem Körpernerv oder einem bestimmten Teil des Rückenmarks abgegrenzt werden.
Nach dem Zeitpunkt, an dem die Schädigung eintritt, kann eine angeborene Lähmung (Schaden vor der Geburt) von einer erworbenen Lähmung (Schaden unter der Geburt oder nach der Geburt) unterschieden werden. Zu den erworbenen Lähmungen zählen auch solche, die während des Geburtsvorgangs entstehen. Meist sind dies Schäden am Nervengeflecht des Arms (Plexus brachialis), die durch Zugwirkung verursacht sind, z. B. die so genannte Erb-Lähmung (Erb-Duchenne-Lähmung). Andere erworbene Lähmungen entstehen durch Verletzungen oder durch die (heute nur noch in wenigen Ländern vorkommende) Infektionskrankheit Poliomyelitis (Kinderlähmung).
Von Bedeutung in der Kinderorthopädie sind zentrale angeborene Lähmungen, die durch Schäden in der Schwangerschaft entstehen und als infantile Zerebralparese bezeichnet werden. Zentrale erworbene Lähmungen können beispielsweise beim Schlaganfall vorkommen.
Zentrale Lähmungen zeigen normalerweise eine Spastik, also eine erhöhte Muskelspannung im betroffenen Bereich. Die Reflexe sind gesteigert. Bei peripheren Lähmungen (Ursache außerhalb des zentralen Nervensystems) kommt es eher zu einer Muskelerschlaffung mit verminderten Reflexen. Des Weiteren wird eine Parese (herabgesetzte Bewegungsfähigkeit) von einer Paralyse (kompletter Ausfall der Beweglichkeit) unterschieden.
Lähmungen werden zunächst mit nicht operativen (konservativen) Maßnahmen therapiert. Eine Operation kann bei Lähmungen aus zweierlei Gründen sinnvoll sein. Ein Ansatz ist es, bei einer Lähmung durch eine Nervenverletzung einen Eingriff durchzuführen, bei dem der Nerv wieder zusammengefügt wird und so die Lähmung bei Erfolg rückgängig gemacht werden kann. Die andere Möglichkeit dient nur der Funktionsverbesserung, und zwar meist dadurch, dass durch Eingriffe am Skelett- und Muskelsystem eine bessere Stellung und Bewegungsfähigkeit erreicht wird. Ebenso kann eine Verminderung von Schmerzen sowie eine Erleichterung von anderen Behandlungs- sowie Pflegemaßnahmen erzielt werden.
Eine Operation solcher Kinder (oder Erwachsenen) erfordert eine gründliche Untersuchung und Planung. Die Eltern (oder der Patient) werden befragt (Anamnese). Bei der körperlichen Untersuchung wird der neurologische (nervenärztliche) Zustand genau erhoben.
Unter Umständen können bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomographie, Ultraschall oder Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie) erforderlich sein. Je nach Patient und Gesundheitszustand können weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Es gibt zwei Ansätze für Operationen, die bei gelähmten Patienten vorgenommen werden. Die Operation am Nerv zielt darauf ab, die Erkrankung zu heilen. Die Operation an Knochen und Weichteilen soll die Symptomatik verbessern.
Der Eingriff an einem Nerv wird normalerweise von einem Operateur aus der Neurochirurgie vorgenommen. Der durchtrennte oder geschädigte Nerv wird aufgesucht. Eventuell werden Tests der Nervenleitung durchgeführt. Die Enden des jeweiligen Nervs werden durch Naht miteinander verbunden. Bei Bedarf wird ein Stück eines anderen Nervs (etwas vom Unterschenkel) eingefügt.
Die funktionsverbessernde Operation fällt normalerweise in das Gebiet der Orthopädie. Hier können viele verschiedene Maßnahmen vorgenommen werden, die das alltägliche Leben für den Patienten erleichtern.
Zu den Operationsmöglichkeiten gehören:
Nach der Operation muss eine gezielte Nachbehandlung mit Ruhigstellung, geeigneter Krankengymnastik und weiteren Maßnahmen erfolgen.
Bei solchen Operationen kann es unter anderem zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen sowie Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Vernarbungen kommen. Nerven (beziehungsweise umgebende weitere Nervenstränge) können geschädigt werden, weitere Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen sind möglich.
Andere Strukturen können ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden. Gelenkschäden, Gelenkverschleiß und Fehlstellungen sind möglich. Weitere Komplikationen können speziell bei der jeweiligen Operationsmethode auftreten.
Die Erfolgsaussichten sind stark vom Ausgangsbefund und vom Operationsverfahren abhängig. In den meisten Fällen kann das erstrebte Ziel erreicht werden, wenn auch insbesondere bei zentralen spastischen Lähmungen oft eher geringe Erfolge möglich sind.
Bei einem geschädigten peripheren Nerv (Körpernerv) kann mit einer Rekonstruktion oft eine ausreichende bis gute Beweglichkeit wiederhergestellt werden. Es kann einige Monate dauern, bis der endgültige Operationserfolg eingetreten ist.
Letzte Aktualisierung am 17.05.2021.